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Wirtschaftsexperten gefragt? 14 Jun 2006 08:24 #128337

  • Matthias Wiesbaden-Süd
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Ich habe wie viele wissen seit fast 3 Jahren nun eine Ich AG. Ich habe mich auf Schreibtätigkeiten und Softwareservice für die ältere Generation spezialisiert. Nun wollten einige meiner Bekannten auch eine Ich AG aufmachen und sind gescheitert, weil Ihnen das Arbeitsamt die Leistung verweigerte.

Die Leistung zur Ich AG würde nur ausgezahlt werden wenn auch Zuversicht bestünde, das die Ich AG nicht im Sande verläuft und scheitert. Damals, wie ich meine Ich AG eröffnete, hatte die Tante im Service Center nichts anderes zu tun als mir das Formular in die Hand zu drücken, ich sollte es ausfüllen, gleich wieder zurückgeben, sie schien richtig froh zu sein. Wieder einer weg in der Arbeitslosenstatistik. Ich habe es ehrlich gesagt nicht bereut bis jetzt.

Meine Frage ist nur, wie kommen die dazu seit ungefähr einem Jahr beurteilen zu können, welche Ich AG zum Scheitern verurteilt ist und welche nicht. Mein Kollege wollte z. B. einen Rundumservice für alte Leute machen. Brötchen holen, zum Arzt fahren, alles im Haushalt machen u.s.w. Ein Markt wo ich persönlich keine Probleme sehe.

Da müssten doch echte Wirtschaftsexperten her, aber seitdem ich das Arbeitsamt kenne bin ich der festen Überzeugung das alle die, die dort sitzen, das genaue Gegenteil darstellen. Ein verunsicherter Haufen der irgendwie auch seinen Beruf falsch verstanden hat.

Was ich in 3 Jahren Ich AG auf alle Fälle gelernt habe ist, das man mit seinem Existenzgründungszuschuss nicht alleine überleben kann. Das war mir schon von vornherein klar, wurde mir auch so am Anfang gesagt, und wer mir erzählt die Leute wollten nur 3 Jahre ihre Arbeitslosigkeit überbrücken, dem kann ich sagen das da kein Fünckchen Wahrheit dran ist. Die 600 EURO im ersten Jahr gehen schon für Krankenkasse, Rentenversicherung, u.s.w. drauf. Das wird auch im Fernsehen völlig falsch dargestellt.

Habt ihr auch schon Erfahrungen gemacht mit dem Thema Ich AG. Was haltet ihr von meinem Vorschlag mit den Wirtschaftsexperten?

Grüsse

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Wirtschaftsexperten gefragt? 14 Jun 2006 10:00 #128354

  • Kerstin
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Heute steht es erst wieder in der Zeitung: Die meisten Ich-AGs machen nach weniger als einem Jahr wieder pleite. Seit diesem Jahr haben das auch die Politiker endliche gemerkt und die Anweisung gegeben, daß eben nur noch die gefördert werden, die Erfolgsaussichten haben. Wer das nun beurteilen kann und beim Arbeitsamt wirklich beurteilt, weiß ich nicht. Ich habe in Steuerbüros gearbeitet, wo solche Erfolgsaussichten für Banken etc. erstellt wurden. Dabei wurde wirklich alles, auch das Privatleben des künftigen Unternehmers, unter die Lupe genommen. Eine Garantie kann auch hier keiner geben.

Was dein Bekannte vorhat mit dem Senioren-Service, ist schon tausenfach woanders gescheitert. Du kannst da großen Bedarf sehen. Aber in der Wirtschaft bezeichnet man den Bedarf als die Summe der mit Kaufkraft versehenen Bedürfnisse. Mit Kaufkraft versehen, das ist der Knackpunkt. Sicher brauchen viele alte Leute Hilfe. Aber wie viele von denen haben denn genug Geld, das auch angemessen zu bezahlen? Das ist nur ein sehr kleiner Teil. Wenn sie einen wegen Brötchen zum Bäcker schicken und nicht nur 2 € für eine Tüte Brötchen bezahlen sollen, sondern wegen Fahrtkosten und Zeitaufwand 8 € (das ist nicht zu hoch gegriffen, wenn der Bäcker nicht gleich in der Nachbarschaft ist), dann besteht hier keine Nachfrage mehr. Oder die Begleitung zum Arzt. Das habe ich mal aus Gefälligkeit für gute Bekannte gemacht, die alt und gebrechlich waren. Das ganze mit Abholen, Wartezeit und heimbringen hat mehr als zwei Stunden gedauert. Ein Unternehmer, der das ganze mit Mehrwertsteuer und seinem eigenen Versicherungsanteil abrechnen muß, müßte dafür mindestens 50 € verlangen, eher noch mehr. Da rechnet die Oma hoch: Das sind 100 DM. Schon platzt die Seifenblase.

Wenn das endlich auch auf den Ämtern ankommt, ist das eigentlich nur gut. Die meisten, die nämlich ihre Ich-AG wieder aufgeben mußten, sind hoch verschuldet, kommen da nur durch private Insolvenz wieder runter. Nicht wenige haben sogar an ihrer eingenen Absicherung bei Krankenkasse und Rentenvorsorge gespart und stecken nun echt in der Sch..... Je weniger da künftig drauf reinfallen, um so besser, muß man sagen, wenn man das en gros sieht.

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Wirtschaftsexperten gefragt? 15 Jun 2006 14:41 #128420

  • Matthias Wiesbaden-Süd
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Ich glaube es liegt eher daran, das das Arbeitsamt keine Leute mehr mit Ich AG haben will, weil es Ihnen kein Geld bringt. Ein Langzeitarbeitsloser bringt da mehr Geld. Es ist so. So leid es mir tut. Ich habe so einiges mitbekommen.

Grüsse

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Wirtschaftsexperten gefragt? 15 Jun 2006 16:20 #128431

  • Gewitterfreund
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... gute Argumente Kerstin.

Schon der Name "Ich AG" ist Blödsinn. Als ob ein Einzelner eine AG sein könnte.

Ansonsten kann es nur gut sein, dass man da jetzt mal etwas genauer aufpasst.

Gruß

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Wirtschaftsexperten gefragt? 15 Jun 2006 17:02 #128433

  • Matthias Wiesbaden-Süd
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Ich glaube dem Arbeitsamt geht es weniger um das Aufpassen sondern darum wie man mehr Geld verdienen könne. Und das kann man nur wenn man Arbeitslose vermittelt und ihn Massnahmen steckt.

Grüsse

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Wirtschaftsexperten gefragt? 15 Jun 2006 18:34 #128446

  • Kerstin
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Der einzige Nutzen dieser Maßnahmen besteht darin, daß sie den Verweigerern das Geld streichen können.

Ich habe im Laufe der Zeit schon etliche dieser Maßnahmen über mich ergehen lassen müssen, aber genützt hat es ums Verrecken nichts. Warum soll man denn jedes Jahr aufs Neue Bewerbungstaktiken lernen, wenn es keine Stellen gibt, auf die man sich bewerben kann? Wozu braucht ein erwachsener Mensch, der jahrelang Berufserfahrung hat, ein Praktikum machen? Die Firmen, die regelmäßig Praktikanten zugewiesen bekommen, haben dafür schon Arbeitsplätze abgebaut. Vor zwei Jahren habe ich auch in einer Maßnahme ein Praktikum machen müssen, genauso wie 15 andere auch. Eine Frau hat einen befristeten Vertrag über ein paar Wochen am Fließband bekommen, eine Top-Verwaltungskraft eigentlich. Das war alles. Dafür haben sich die Firmen ins Fäustchen gelacht, weil wir ihnen so schön kostenlos über die Urlaubszeit hinweggeholfen haben und sie keine Aushilfen einstellen mußten.

Es gibt Maßnahmen, die sind so sinnlos, daß sich zwei Drittel der Teilnehmer krank schreiben lassen oder abbrechen. Die anderen, die durchhalten, haben auch nichts davon. Es gibt Maßnahmen, die nur Geld in die Kassen der Schulungsträger spülen. In Korbach wurden schon einige dieser Schulungsträger wieder geschlossen, weil ihnen das Arbeitsamt dank zahlreicher Beschwerden auf die Schliche gekommen ist. Da sollen junge Leute PC lernen, aber es sind gar keine PCs vorhanden. Da sollen Leute Unterricht machen, aber das Gebäude ist noch eine Baustelle, lose Elektrokabel aus der Wand, keine Türen, keine Heizung, keine Möbel, keine Lampen, keine Bücher usw. Dem Lehrer war es zu kalt, er kam nach dem ersten Tag nicht mehr. Die Arbeitslosen sollten wochenlang ausharren in einem Ersatzquartier. Da kein Lehrer kam, haben sie Bücher gelesen, Karten gespielt oder sich Witze erzählt. Bewundernswert, daß überhaupt noch welche kamen.

Wenn tatsächlich Unterricht gemacht wird, weiß man entweder das meiste schon vorher oder die Lehrer sind meilenweit von der Realität entfernt und reden Sachen, die schon total veraltet sind oder eben reine Theorie. Da geht keiner schlauer raus, als er reingekommen ist. Oder Computer lernen. Hört sich toll an, aber das lernt man nur dann richtig, wenn man es auch regelmäßig anwendet. Sonst ist das schnell vergessen und sowieso schnell veraltet. Da bring so ein Kurs auch nicht viel.

Was ich über die Ich-AGs geschrieben habe, habe ich mir nicht aus den Fingern gesogen. Auch mein Vermittler hat mir erzählt, daß er solche Leute vor sich sitzen hat, die nach einem halben Jahr nicht einen einzigen Kunden hatten.

Außerdem verstehe ich genug von Betriebswirtschaft, um zu wissen, daß man keinen Betrieb aufmachen kann, wenn man nicht einen schönen Batzen Eigenkapital hat, und sei es in Form von vorhandenen Räumen oder Maschinen oder so was. Den darf man aber gar nicht haben, wenn man für die Förderung der Ich-AG in Frage kommt. Das war von Anfang an eine aussichtslose Sache. Einige wenige haben es geschafft, das ist auch gut so. Aber die weitaus meisten sitzen nun mit einem Berg Schulden da, den sie nicht haben müßten.

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Wirtschaftsexperten gefragt? 15 Jun 2006 18:41 #128448

  • Tobias Ferrari
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Salü Steffen

Schau mal unter dem Jahreseintrag 1969 nach:
http://www.denner.ch/de/ueberdenner/ueberdenner.html

oder:
25. September 2000
http://www.imbach-logistik.ch/site/frame_firma.htm

Die sogenanten "Ich AG" ist in der Schweiz vielfach anzutreffen. Der Vorteil liegt ganz klar bei der Haftungsbeschränkung, welche maximal "nur" das AG Eigenkapital beträgt, in der Schweiz mindestens CHF 100'000.-- (GmbH mindestens CHF 20'000.--)...

Gruss
Tobias

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Der Weise sagt nicht alles was er denkt, aber er denkt alles was er sagt.
www.wetterstation-wohlen.ch

Wirtschaftsexperten gefragt? 15 Jun 2006 18:57 #128450

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Ich bin ganz sicher das du Recht hast. Aber auch ein Vermittler wird dir nicht immer die Wahrheit sagen, das darf er auch garnicht. Sicher gibt es auch Leute die nach einem halben Jahr noch keinen Kunden hatten, die scheitern aber auch gleich nach einem halben Jahr. Aber für mich gilt immer noch das man nicht 3 Jahre mit dem Ich AG Geld durchkommt. Die Nebenkosten die man selbst zahlen muss sind dafür viel zu hoch.

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Wirtschaftsexperten gefragt? 15 Jun 2006 19:14 #128452

  • Kerstin
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Hallo Tobias,

das ist ganz was anderes als die deutschen Ich-AGs.

Hier können Arbeitslose unter bestimmten Bedingungen einen Zuschuß bekommen, wenn sie sich selbständig machen. Um in den Genuß dieser Förderung zu kommen, müssen sie aber arbeits- und mittellos sein. Zuerst durften sie nicht mal aushilfsweise jemanden beschäftigen, das ist aber geändert worden. Jetzt dürfen sie wen einstellen. Das Problem ist nur, daß die meisten, die sich darauf einlassen, keine Chance haben. In den meisten Branchen muß ein Betrieb eine gewisse Größe haben, um existieren zu können. Das ist bei den vorgegebenen Bedingungen nicht möglich. Dazu kommt noch, daß viele überhaupt nicht auf die Selbständigkeit ausgebildet sind. Da können sich Handwerker als Gesellen selbständig machen, die niemals was von Betriebswirtschaft gehört haben. Die sind dann mit Verwaltung, Kostenrechnung, Kalkulation und Papierkrieg total überfordert.

Außerdem gibt der Markt einfach nicht die Nachfrage her, die nötig wäre, um die vielen Betriebe zu beschäftigen. Da machen sich Leute mit Angeboten selbständig, die keiner nachfragt oder keiner bezahlen kann, wenn er es in Anspruch nehmen würde. Es gibt viele Friseur-Ich-AGs, aber den Leuten wachsen deswegen die Haare doch nicht schneller. Und die meisten Leute sparen auch am Friseur, weil ihnen das Geld sowieso knapp sitzt. Von drei Haarschnitten und einer Dauerwelle in der Woche kann auch eine Ich-AG nicht leben. Schon die alteingesessenen Betriebe müssen Leute entlassen, weil die Kunden seltener kommen. Dauerwelle, was immer viel Geld brache, ist nur noch bei Omas modern und die glatten Frisuren werden eben in etwas größerem zeitlichen Abstand geschnitten. Das bringt weniger ein. Die Kosten für Raum, Versicherungen, Heizung etc. laufen weiter. Oder das beliebte Beispiel mit der Haushaltshilfe für die alten Leute, was ich weiter oben schon erklärt hatte. Die meisten, die diese Hilfe brauchen würden, können sie sich einfach nicht leisten. Wenn man die Preise realistisch kalkuliert, müßte die kranke Oma ja an die 20€ pro Stunde blechen, eher noch mehr. Das kann sie aber nicht.

Ein weiteres Problem ist die Haftung. Das Geld für die GmbH bringen die meisten nicht auf, viele wissen sowieso nicht um die Vorteile einer Haftungsbeschränkung und in der Euphorie wollen sie auch nicht den Teufel an die Wand malen. Sie melden sich notgedrungen als Einzelunternehmer an und haften mit dem Gesamtvermögen, also auch dem eventuell vorhandenen Haus und der von Oma geerbten Perlenkette. Wenn die Sache dann den Bach runter geht, ist alles weg und es bleiben immer noch Schulden.

Deswegen ist es nur ein Vorteil, wenn das Arbeitsamt solche Ich-AGs nicht mehr fördert, die keine Aussichten auf Erfolg haben. Das ganze war ein Teil der Hartz-Regelungen, die die Leute aus der Statistik verschwinden lassen sollte. Davon ist so gut wie alles gescheitert. Da haben sich mal wieder Leute zusammengesetzt und sich was ausgedacht, die vor lauter Millioneneinkommen nicht wissen, wie es wirklich ist im Lande.

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Wirtschaftsexperten gefragt? 15 Jun 2006 21:21 #128459

  • Tobias Ferrari
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Salü Kerstin

Ahaaa, diese "Ich AG" ist in der Tat etwas ganz anderes als die andere "Einzelperson AG". Danke für die Aufklärung...

Gruss
Tobias

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Der Weise sagt nicht alles was er denkt, aber er denkt alles was er sagt.
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