Wenn es nach den Vorstellungen des Schweizerischen Nationalrates geht, soll die CO2-Abgabe stufenweise eingeführt werden. Er folgte gestern mit 110 zu 71 Stimmen dem Vorschlag einer Kommissionsmehrheit, die eine gestaffelte Einführung der CO2-Abgabe auf Brennstoffen ab 2008 vorsieht. Begonnen würde mit einem Abgabesatz von 12 Franken pro Tonne CO2. Wenn die vom Kyoto-Protokoll vorgegebenen Ziele nicht erreicht werden, wird die Abgabe bis 2010 auf 36 Franken pro Tonne erhöht. Damit würde der Oelpreis pro tausend Liter um 95 Franken steigen. Mit 99 zu 64 Stimmen wurde hingegen der Vorschlag der Kommission abgelehnt, hundert Millionen aus den Erträgen für Gebäudesanierungen zu reservieren.
Die CO2-Abgabe ist aber noch nicht beschlossene Sache. Das Geschäft geht nun ordnungsgemäss noch an den Ständerat. Dort hat der "ausgedünnte"
Vorschlag mit seiner Staffelung der Abgabehöhe vielleicht bessere Ueberlebenschancen als ein grosser Wurf.
Richtig zufrieden scheint niemand zu sein. Beim Klimaschutz genügten Kompromisse nicht, schreibt die "Allianz für eine verantwortungsvolle Klimapolitik", der alle wichtigen Umweltverbände der Schweiz angehören. Die Reduktionsziele des CO2-Gesetzes könnten nun auch im Brennstoffbereich nicht erreicht werden. Eine Lenkungsabgabe auf Treibstoffen ist vorderhand durch den freiwilligen Klimarappen ersetzt. Positiv wertet die Allianz das vom Nationalrat gutgeheissene Prinzip, die Abgabehöhe an die Zielerreichung zu koppeln. Für den Wirtschaftsdachverband Economiesuisse ist der Kompromiss ebenfalls unbefriedigend. Economiesuisse stört sich daran, dass der Nationalrat die hohen Oelpreise nicht berücksichtigt hat.
Im November 1990 kündigte der Bundesrat ertmals eine CO2-Steuer an. Seitdem hat das Projekt unzählige Schritte und Verzögerungen erlebt. Diese hätten auch mit der Schwerfälligkeit der politischen Prozesse zu tun, die Bundesrat Moritz Leuenberger Schülern zu erklären versucht, die nach den Fortschritten in der Klimapolitik fragen. Sie könnten dann kaum glauben, was sie hörten, berichtete er in der Nationalratsdebatte.
Quelle: Basler Zeitung, Ausgabe vom 22.6.2006