Heißer Sommer ist keine Sensation
Klimaforscher sieht viele Ursachen für Temperaturanstieg / Feigenbäume werden heimisch
MAINZ Nach den Rekordtemperaturen des Sommers 2003 lässt nun erneut eine Hitzeglocke die Deutschen bei Temperaturen bis 38 Grad Celsius schwitzen. Prägen die Folgen der globale Erwärmung immer stärker unser Wetter?
Klimaforscher Ruprecht Jaenicke vom Institut für Physik der Atmosphäre der Universität Mainz mahnt, kühlen Kopf zu bewahren: Wenn man sich die Temperaturkurve unseres Planeten über die vergangenen Jahrzehnte anschaue, dann steige zwar die mittlere Temperatur der Erde. Das bedeute aber nicht, dass es gleich überall wärmer werde. Sehr heiße Sommer, so Jaenicke, habe es immer schon gegeben, etwa kurz nach dem Zweiten Weltkrieg oder im Jahr 1959. Den seit den 50er Jahren gemessenen verstärkten, vom Menschen gemachten CO2-Ausstoß in die Atmosphäre, der eine Rückstrahlung der Sonnenenergie ins All abblockt, will der Wissenschaftler nicht alleine für die heißen Tage verantwortlich machen. Ähnliche Effekte erzielten auch Wasser oder Methangas in der Atmosphäre. Einen Einfluss auf die globale Erwärmung schließt Jaenicke aber nicht aus. Das Kohlendioxid müsse auf jeden Fall verringert werden.
Wissenschaftlich nachprüfbar sei aber allein die Tatsache, dass die Temperaturkurven in der Welt langsam hoch gingen. Modelle errechneten einen Anstieg um 1 bis 6 Grad in den nächsten hundert Jahren - mit Folgen für die einheimische Flora und Fauna. Schon jetzt sei etwa der Feigenbaum in der Pfalz heimisch geworden und könnte künftig auch weiter nördlich Wurzeln schlagen. Auch Obst gedeihe in warmem Klima prächtig. Bis zum Olivenanbau an den Rheinhängen dürfte es im deutschen Sonnen-Lande aber - noch - nicht reichen. Die Pflanzen vertragen keinen Frost - und der vergangene Winter war lang.
Nach den auf bestimmten Zyklen in der Erdgeschichte beruhenden Daten der Klimaforscher befindet sich der blaue Planet immer noch in einer Eiszeitperiode, die alle 90 000 Jahre von Warmzeiten unterbrochen wird. "In so einer Wärmeperiode sind wir jetzt drin", sagt Jaenicke. Eine neue Eiszeit könne aber in 40 000 Jahren wieder ins Haus stehen.
Das aktuell herrschende Wetter hierzulande werde zu 80 Prozent in der Ferne produziert - je nachdem, woher gerade der Wind weht: Kommt er aus Ost , bedeute das Hitze und Trockenheit, Südwestwind bringe feuchte und heiße Luftmassen mit sich, Südostwind heiße und trockene. Aus Nordwesten blase es kalt und feucht herein.
Im Sommer liege Deutschland oft in einer Südwestströmung, die die Tiefausläufer über dem Nordatlantik wegdrücke. Diese Strömung, die auch immer wieder Gewitter mit sich bringe, sei wetterprägend und halte oft sehr lange. Der Sommer kann also auf hohem Niveau weitergehen, prognostiziert der Atmosphärenphysiker: "Das Erdreich hat so viel Wärme aufgenommen - jetzt ist das Land heiß."
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