Oben wird kassiert, unten gefeuert
Unfaire Spielregeln: Vom gewaltigen Wertzuwachs der Cablecom profitierten nur die Manager.
Wundersame Geldvermehrung: Wie 40 Cablecom-Manager 2,8 Millionen Franken investierten, 5000 Prozent Gewinn machten und der Belegschaft darauf eine Massenentlassung zumuteten.
Von Andreas Flütsch
Anonyme Hinweise sind die Waffe der kleinen Angestellten. Der Unmut über die vor einem Jahr angekündigte Massenentlassung bei der Cablecom ist offenbar immer noch gross: Er möchte, stellvertretend für viele Kollegen, auf brisante Zahlen im Geschäftsbericht 2005 der Cablecom hinweisen, schrieb ein «empörter» Mitarbeiter.
Der Geschäftsbericht 2005 der Cablecom ist nicht öffentlich, nachdem diese 2005 nicht an die Börse kam, sondern für 2,8 Milliarden Franken an den US-Medienkonzern Liberty verkauft wurde. Aus dem «strikte privaten und vertraulichen» Geschäftsbericht, der dem «Tages-Anzeiger» zugespielt wurde, geht hervor, dass Cablecom im Jahr 2005 unter dem Titel «aktienbasierte Entschädigung» gut 144 Millionen Franken aufgewendet hat.
<a href="
ad.ch.doubleclick.net/click%3Bh=v8/349a/...http://www.piazza.ch
" target="_new"><img src="/
ad.ch.doubleclick.net/1142059/schatz_m_300x250.gif
" width="300" height="250" border="0"></a>
Ausgeschüttet wurde dieser Riesenbetrag an «rund 40» Manager der Cablecom, bestätigt Sprecher Stephan Howeg auf Anfrage. Womit haben einige Dutzend Manager diesen Geldsegen verdient?
Als der Branchenleader im Schweizer Kabelfernsehgeschäft im Herbst 2003 von renommierten US-Beteiligungsgesellschaften übernommen wurde, schanzten diese dem Cablecom-Management «8 Prozent der Aktien» ihrer Arbeitgeberin zu. Dafür haben die «40 Mitarbeitenden rund 2,8 Millionen Franken investiert», wie Sprecher Howeg bestätigt.
Wer wie viel investiert hat, will Howeg nicht aufschlüsseln: «Details zum damaligen Beteiligungsplan geben wir aus Gründen des Datenschutzes nicht bekannt.» Die Gewinnrate ist jedenfalls traumhaft. Als Cablecom 2005 an Liberty verkauft wurde, waren die für 2,8 Millionen Franken erworbenen Aktien besagte 144 Millionen wert - mehr als das Fünfzigfache. Als Cablecom nicht an die Börse, sondern an Liberty ging, musste die neue Besitzerin alle Aktien der Manager zurückkaufen. Investierte ein Topkader auch nur 10 000 Franken Erspartes, erhielt er nach zwei Jahren eine halbe Million zurück.
Die Manager hätten sich nicht nur am Erfolg, sondern auch am «Risiko eines Misserfolges» beteiligt, wendet Sprecher Howeg ein. Dieses Risiko war aber schon damals aus mehreren Gründen sehr überschaubar. In einer Refinanzierungsrunde im Sommer 2003 wandelte ein Bankenkonsortium Milliardenschulden in eine Aktienbeteiligung um - die Schuldenlast der Cablecom fiel drastisch, von 3,8 auf 1,7 Milliarden Franken.
Der Basis werden Opfer abverlangt
Zudem bürgten die neuen Besitzer Goldman Sachs, George Soros und Apollo als Top-Garde im Beteiligungsgeschäft dafür, dass die sanierte Cablecom als Quasi-monopolistin im Schweizer Kabelfernseh-geschäft sehr viel eher ein Erfolg als ein Flop würde. Zumal die erfolgreiche Offensive Digitaltelefonie damals bereits angelaufen war.
Im Geschäftsbericht 2005 legt die Cablecom selbst in aller Klarheit offen, was das Ziel dieses Aktienprogramms war: «Die Absicht der Hauptaktionäre war, die Teilnehmer zu befähigen, von den Zuwächsen des fairen Werts der Gesellschaft zu profitieren nach den Transaktionen vom 12. November 2003.»
Während an der Spitze kassiert wurde, setzte die Cablecom an der Basis auf Massenentlassungen. Am 11. November 2005 kündigte sie den Abbau von 260 der 1750 Stellen an, 80 Mitarbeitende sollten noch vor Ende 2005 die Kündigung erhalten. «Es war nicht einfach, würdige Austrittsbedingungen zu erkämpfen», sagt dazu Christof Burkard, Chefjurist des Angestelltenverbandes Angestellte Schweiz: «Wir mussten mehreren Mitgliedern beistehen, damit sie zu ihrem Recht kamen.»
Cablecom mutete der Belegschaft 2005 weitere Opfer zu. Laut Geschäftsbericht nahm sie ihnen 48,4 Millionen Franken weg, indem sie die Pensionskasse vom Leistungs- aufs Beitragsprimat umstellte.
www.tagesanzeiger.ch