Ich weiß schon, warum ich dem Beruf den Rücken gekehrt habe! Dabei war es damals noch längst nicht halb so bescheuert wie jetzt, da war spätestens um 18.30 Schluß und am Samstag um 13 Uhr, am langen Samstag um 16 Uhr. Schon der lange Samstag und der dann eingeführte lange Donnerstag bis 21 Uhr haben hier auf dem Land überhaupt nichts gebracht. Stattdessen sind etliche abends noch nach Kassel gefahren und haben da eingekauft, nicht aber hier in den kleineren Städten. Beim langen Samstag ähnlich, der Rest der Kunden kam ein bis zwei Stunden später als sonst. Mehr gekauft haben sie nicht. Das Geld kann man nur einmal ausgeben und basta.
Längere Öffnugnszeiten zur WM sind der Blödsinn pur. Nicht nur, weil das Personal dann die Spiele nicht sehen kann - die meisten Beschäftigten sind Frauen und bei denen hält sich im Schnitt die Fußballbegeisterung in Grenzen - sondern weil die Erfahrung sagt, daß in dieser Zeit eher weniger eingekauft wird als sonst. Mehr vielleicht bei Bier, Chips usw, aber alle anderen Waren weniger, weil während der Spiele das halbe Land still steht. Schon im Büro merkt man, daß in der Zeit kaum Anrufe kommen, und wenn, ist fast immer eine Frau am Apparat. Die Straßen sind dann ruhig und leer wie sonst selten.
Die Fans von außerhalb werden wohl auch kaum am späten Abend durch die Stadt ziehen und große Einkäufe tätigen - wie sollten die auch größere Sachen im Flugzeug mit heimtransportieren?
Seit Jahren werden die Öffnungszeiten immer mehr ausgedehnt, aber der Handel beklagt auch seit Jahren zurückgehende Umsätze. Klingelt es bei den Verantwortlichen denn nicht mal im Kopf, wenn es schon nicht in der Kasse klingelt? Was fehlt, ist das Geld, nicht die Zeit. Und manchmal auch ein attraktives Warenangebot.
Stickwort Familieneinkauf: Jeder Verkäufer weiß, daß es keine Ware gibt, die allen Familienmitgliedern gefällt. Wenn also eine ganze Sippe zur Tür reinkommt, drehen die Verkäufer schon die Augen nach oben. Die Familie schaut sich Waren an, streitet eine Weile und geht wieder, weil sie sich nicht einigen können. Das ist am Samstagmorgen nicht anders als am Dienstagabend spät. Wenn nur einer kommt, weil die anderen keine Zeit haben, kauft der auch was und das gesamte Verkaufsgespräch läuft ordentlicher und sachlicher ab, als wenn immer einer dazwischenquakt und noch Sonderwünsche anmeldet.
Und mal ehrlich: Wer geht denn noch gern einkaufen? Selbst bei den Frauen wird das immer weniger, weil man erstens sowieso schon gut ausgestattet ist und zweitens das Warenangebot immer mehr daneben liegt. Dazu kommen unverschämte Preise, die einem den Kamm schwellen lassen. Außerdem: Einkaufen in einem Fachgeschäft, mit Beratung durch sachkundiges Personal und Service, so kann es Spaß machen. Aber wer mag sich schon durch ein anonymes Kaufhaus treiben lassen wie ein Stück Vieh, alles nach Kundenlaufstudien usw. eingerichtet, die freundlichen Worte kommen nicht mehr vom Personal (können z. T. auch deutsch nur schwer radebrechen), sondern stehen ersatzweise auf einem Plakat und beraten kann einen schon gar keiner.